Digitalarchiv Saarwellingen

Themen : Dynamit Nobel - Campus Nobel

Von der Dynamit Nobel AG zum Campus Nobel

 



Peter Schmitz

Ich war damals, bei Eintritt in die Dynamitfabrik gerade mal 20 Jahre alt. Klar könnte ich viele Geschichten und Storys erzählen, aber das hier erscheint mir persönlich sehr wichtig! Geprägt haben mich, während der langen Arbeitsjahre in der Dynamit Nobel unter anderem zwei hervorragende Menschen, denen ich zutiefst dankbar bin.Dr. Adolph- Stephan Klein, genannt ´Mecko´ weil er ein Menjoubärtchen hatte, österreicher- geboren 1908 in Wien. Dr. Klein sprach mich mit dem Vornamen an, aber Sie. Fast jeden Tag nach Feierabend mußte ich zu Ihm ins Büro, meist über eine Stunde, um Chemie, Physik, Mathematik und Sprengstofftechnologie mit Ihm zu büffeln! Und die dazugehörenden Hausaufgaben wurden streng kontrolliert! Dr. Klein war ein" Allround- Naturwissenschaftler" er hatte von Allem Ahnung.! Viele Fachbücher schenkte er mir und trimmte mich auf ein hohes Niveau ! Gleich alt wie mein Vater, sind beide 1963 verstorben.

Als Dr. Klein, Ende April 1963 sich von mir im Labor verabschiedete, um ins Krankenhaus zu gehen- Darmkrebs- sagte er mir, in seinem österreichischen Slang:
"Peter, paßen´s gut auf sich auf, Sie wissen´s, wir haben einen ganz gefährlichen Beruf! Schauen´s, Sie sind der Jüngste, ich habe Ihnen so vieles beigebracht und jetzt wenden´s auch in der Fabrik an".
Strich mir durch die Haare, gab mir die Hand, sagte unter Tränen, Servus Peter, machen´s gut, wir werden uns nicht mehr wieder sehen! Am 15. Mai 1963 ist Dr. Klein verstorben. Ich habe Ihn sehr vermisst !

Ein ganz anderer Chef, unheimlich menschlich, mit Herzenswärme, ebenfalls hochintelligent, war Dr. Ruprecht Bender. Geboren 1905 in Würzburg, Dr. der Chemie, Maximillianeum München, summa cum Laude,- Betriebswirtschaftstudium in Bremen,- der mich ebenfalls unter seine ´Fittiche´ nahm. Aber Dr. R. Bender war nicht nur ein Naturwissenschaftler, nein er war auch ein begnadeter Kunstkenner. Mit Ihm saß ich Jahre an gleiche Bürotisch und er weckte in mir das Interesse für die" Schöngeistigkeiten" öffnete mir die Augen für sämtliche Kunst, ob Malerei, Musik, Literatur, Geschichte, lehrte mich vieles zu verstehen. Er hatte es einfach drauf!

Seine absolute Leidenschaft der Schmetterlingszüchtung, für schöne Teppiche und gute Weine! Er war einfach ein Experte, hatte eine Menge Ahnung von Allem! Auch Dr. Bender prägte mein Leben! Als mein Vater starb, sagte Dr. Bender zu mir,´Peter ich halte die Hand über Dich, so lange ich lebe.´ Und er tat es auch! Er wurde sehr alt!

Beiden also, Dr. Bender und Dr. Klein verdanke ich unsagbar Vieles! In der Tat, ich hatte zwei Chefs, die mein ganzes Leben beeinflußt haben! Ich denke sehr oft an Sie, bin Ihnen sehr dankbar, hatte ein großes Glück! Auch denke ich ebenfalls an die vielen Mitarbeiter in ´unserer Dynamitfabrik´ an eine Firma, in der ich gerne gearbeitet habe und in der ich mich sehr wohl fühlte!

Klaus Reichert

Vorstellung im Personalbüro Herrn Simon, dann zum Werksarzt Dr. Zeppenfeld in Nalbach, danach zum Werk zurück nach Saarwellingen. Einstellung war am 15.03.1948. Diese Strecken mußten alle zu Fuß zurückgelegt und bewältigt werden, denn man hatte ja keine Fahrgelegenheit bzw. Fahrrad. An meinem ersten Arbeitstag -ich war damals 15 Jahre alt- kann ich mich nicht mehr genau erinnern. Auf jeden Fall wurde ich in der Schachtel-Bude, dort wurde das Verpackungsmaterial für den Sprengstoffversand hergestellt, eingesetzt. Später wurde ich dann in die Papierstation versetzt unter dem damaligen Meister Alois Hoffmann; dort wurde Papier bedruckt und parafiniert zur Verpackung der Patronenschachteln. In diesem Bereich erlebte ich nach wenigen Monaten im September 1948 die erste Explosion einer Mischanlage (Draisknete), bei der 6 Personen ums Leben kamen. Soweit ich mich erinnern kann, waren vier aus Saarwellingen und zwei aus Hüttersdorf bzw. Schmelz.

Durch die Explosion wurde auch der gesamte ölbetrieb zerstört. Die Kollegen Helmut Becker und Alois Britz (Laborant) waren mit mir die Einzigen, die unmittelbar nur ca. 100 Meter vom Explosionsherd entfernt waren. Unser Glück war, dass wir uns in einer günstigen Lage befanden, außer einigen Prellungen und einem gehörigen Schock hatten wir keine Verletzungen davon getragen. Der Schock hat uns noch lange Zeit verfolgt und so manche schlaflose Nacht beschert.
Mit den Jahren hat man auch vieles verdrängt, aber nach dem Besuch in dem Werk, was noch davon übrig ist, kam so manche Erinnerung hoch und hat mich nochmals tief bewegt. Die Zeit nach der Explosion wurde genutzt, um die Reserveproduktionsstätte herzurichten, denn die Sprengstoffproduktion mußte weiter gehen. Ich erinnere mich an den ersten Arbeitstag, an dem wir wieder N G. produziert haben. Wir gingen alle mit gemischten Gefühlen an die Arbeit. Damals hatte man schon einen Schock, mit den Jahren hat man das dann wieder verdrängt. Man wurde älter und mit 18 Jahren durfte man im Sprengstoffbetrieb eingesetzt werden. Zuerst in den Packhäusern beim tauchen der Sprengstoffpakete in Parafin und zunageln der Kisten. Dann mal auf dem Platz ´E´ Karren fahren, Material aus und Sprengstoffe verladen etc. .

Ich war mal in der Mischanlage beschäftigt, in wechselnden Einsatzbereichen. Sobald man mit dem Geruch des Sprengstoffes in Berührung kam hatte man wahnsinnige Kopfschmerzen, an die man sich dann mit der Zeit gewöhnt hatte. Hatte man mal Urlaub oder war einige Zeit nicht mit dem Sprengstoff in Berührung, war man entwöhnt. Aber wenn man dann erneut im Sprengstoffbetrieb beschäftigt war, ging diese Prozedur von vorne los. Die Kopfschmerzen kamen nicht von dem Sprengstoff direkt, sondern von dem darin enthaltenden Nitoglyzerin. Nach einigen Wechseln der Einsatzstellen kam ich schließlich zur ölfabrik, das heißt, in den Betrieb zur Herstellung von Nitroglyzerin (zuerst als Wäscher, Scheider und zuletzt als Nitrierer). Wir produzierten Nitroglyzerin bis 1970 (Herbst?), ohne nennenswerte Zwischenfälle. Dann wurde die Produktion eingestellt. Inzwischen hatte man eine neue moderne Anlage zur Herstellung von Nitrogyzerin erstellt, die aber nicht mehr in Betrieb ging. Es wurden dann noch Sicherungsarbeiten vorgenommen, die von uns und einigen Kollegen erledigt wurden. Zwischenzeitlich wurde dann die Kunststoffproduktion von Kollegen, die in Troisdorf ausgebildet wurden, aufgenommen. Die noch übrig gebliebenen wurden dann im Kunststoffbetrieb angelernt. Auch ich arbeitete noch als Extruderfahrer bis März 1971 dort. Danach wechselte ich im März zum Landratsamt nach Saarlouis, wo ich im März 1993 in Rente ging.