Digitalarchiv Saarwellingen

Themen : Saarwellinger Plätze & Gebäude

im Spiegel der Zeit

 



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Der alte Schlossplatz vor 1945

Schlossplatz 2020
Schlossplatz früher

Der Schlossplatz als Mittelpunkt des historischen Saarwellingen wurde wie auch viele Straßen im Laufe der Zeit umbenannt:
1895: beim Schloß
1900: Marktplatz
1936: Adolf-Hitler-Platz
1946: Marktplatz
1964: Schlossplatz
Beim Blick auf die Schlossseite des "Marktplatzes" vor dem 2. Weltkrieg ragen einige Bauwerke heraus:


 
Das alte Kriegerdenkmal
Schlossplatz mit Kriegerdenkmal

Unmittelbar nach Beendigung des Deutsch-Französischen Krieges 1870/71 wurde am 02.09.1871 auf dem Saarwellinger Marktplatz, heute Schlossplatz, ein Kriegerdenkmal enthüllt. Es war das erste Denkmal nach dem genannten Kriege in ganz Deutschland. Die Saarbrücker Zeitung vom 20.10.1896 schreibt: "Das Denkmal hat den Vorzug, das erste Kriegerdenkmal Deutschlands zu sein, welches zur Erinnerung der im Kriege 1870/71 gefallenen Soldaten aus unserem Orte errichtet worden ist. Dasselbe wurde von einem gewissen Bildhauer, namens Apollinarius DREISER aus Wallerfangen angefertigt. Die Entstehung besagten Denkmals ist der damals so sehr begeisterten Opferwilligkeit mehrerer patriotisch gesinnter hiesiger Ortsbewohner und eines freiwilligen Zuschusses von seiten der hiesigen Gemeinde zu verdanken, weshalb auch letztere seither in gewohnter Weise das Denkmal auf Gemeindekosten unterhält."

Nach dem zweiten Weltkrieg wurde das Monument abgetragen und fand einen neuen Platz auf dem Saarwellinger Friedhof nahe den Soldatengräbern.

 
Post und Apotheke

Rechts neben dem Schloss, zur Wilhelmstraße gehörig, befand sich ursprünglich die Poststelle, später die Apotheke von Oskar WENZEL. Der Schreiner und Wirt Jakob FRINGS aus Körprich und seine Frau Catharina NEIFER aus Weißenfels aus Sachsen erbaute 1896 an der Engelstraße neben dem Marktplatz auf dem vom Gerichtsvollzieher HANSEN erworbenen Grundstück ein neues Wohnhaus. Er vermietete das Haus ab 1. November 1896 an die Post. Dazu musste er an das Haus einen Vorflur errichten und den Holzschuppen umsetzen. An den Holzschuppen baute er noch eine Waschküche und zwei Latrinen an. Erster Postverwalter in Saarwellingen wurde Georg RIEG (*1852). Er kam am 01.11.1896 aus Schönecken/Eifel und wohnte im Nachbarhaus. Am 13.08.1901 verzog er wieder nach Kyllburg. Sein Nachfolger wurde Franz SCHNEBERGER (1864-1942) aus Tholey und seine Frau Johanna Leontina MENGES (*1878 in Petange/Lux). Dieser baute in der Vorstadtstaße 10 ein neues Postgebäude, das 1906 fertiggestellt war. Hierhin wurde nun die Post verlegt.

Postamt am Schlossplatz
Zerstörte Apotheke vor dem Schloss

In dem Postgebäude wurde 1910 die erste Apotheke für Saarwellingen eingerichtet. Am 12. März 1910 zog der Apotheker Oskar WENZEL (* 1856 Trier) aus Dudweiler nach Saarwellingen und betrieb ab dem 23.01.1911 die staatlich genehmigte Apotheke, die den Namen "Stern-Apotheke" führte. WENZEL wohnte zunächst in dem alten Haus hinter der Apotheke. 1922 brannte dieses Haus teilweise ab. Oskar WENZEL bat um Erlaubnis zur Errichtung eines einfachen Notdaches auf die erhaltenen Mauern seines abgebrannten Hauses. Es soll nur das Wohnhaus, nicht die dahinterliegende Scheune gedeckt werden. Nur die Giebelspitzen wurden abgerissen.

Am 01.04.1935 meldete sich die Familie WENZEL nach Saarbrücken ab. Oskar WENZEL blieb aber der Eigentümer der Apotheke, die er verpachtete. 1938 hieß der Apotheker Karl KUHN. 1939 übernahmen Klara WENZEL, Tochter von Oskar, und ihr Mann Georg SCHROF, Apotheker aus Ulm, die Apotheke. Diese war Ende 1939 in einem verwahrlosten Zustand und wurde von dem Ehepaar renoviert. Im Oktober 1939 lag Saarwellingen in der grünen Zone. Hier waren große Truppenverbände im Ort und Umgebung u.a. eine Bayrische Division mit großem Pferdebestand. In der Apotheke wurden deshalb große Mengen von Arzneien auch für die Veterinäre gelagert. Ende des Zweiten Weltkrieges wurde die Apotheke total zerstört und nicht mehr instandgesetzt. Das Gebäude wurde abgerissen.

 
Das Schloss
Heutiges Rathaus (2020) mit Torbogen-Nachbau (Nachbau 2003)
Aufteilung des Anwesens unter den Herrschaften

Die Brüder Reiner und Boemund von Saarbrücken, beide Ritter, hatten das Dorf von dem Saarbrücker Grafen Simon III. als Lehen übernommen. Jeder der Brüder ließ eine Burg erbauen. Die Burg Boemunds lag an der Stelle des heutigen Rathauses mitten im Dorf am Unterlauf des Heßbaches. In der Folgezeit teilten sich die Herren von Kriechingen, von Rollingen und von Saarbrücken die Herrschaft und die Burg.

Es war eine Wasserburg mit einem tiefen Graben, einer Zugbrücke, starken Mauern und einem großen Hof in der Mitte. Im Dreißigjährigen Krieg wurde die Burg 1637 und 1640 ausgeplündert und war in einem sehr schlechten Zustand. 1638 schrieb der damalige evangelische Pfarrer von Saarwellingen Peter Schnetter, der nach Metz geflohen war: "Das Haus oder Schloss (in Saarwellingen) hatte, als ich dort ankam (im Jahre 1600), noch eine aufziehbare Brücke mit einem tiefen Graben, und wurde von altersher «Festung Wellingen» genannt."


Der Graben ist jetzt (im Jahre 1638) mit Calmus (Unkraut) zugewachsen, so dass kein Wasser mehr da ist. Im unteren Stock des Schlosses gab es einen Ziehbrunnen". Im Jahre 1659 war die Burg völlig zerstört. Seit 1659 gehörte die Herrschaft Saarwellingen den Grafen von Kriechingen ganz. Erst 1715 wurde mit dem Neubau eines Schlosses auf dem ehemaligen Burggebäude begonnen. 1719 waren die Arbeiten abgeschlossen. Zwischen zwei lang gestreckten Wirtschaftsgebäuden lag ein Hof, der im Hintergrund von dem Schloss begrenzt wurde. Dahinter lag ein weiterer Hof, Scheunen und ein Garten. Das Schloss verbrannte durch Unachtsamkeit im Jahre 1766. Mitt lerweile gehörte die Herrschaft Saarwellingen den Herren von Wied-Runkel. Diese waren 1726 in Besitz der Herrschaft gekommen. Sofort nach dem Brand wurde begonnen ein neues schöneres Schloss zu errichten.

 
Aquarellzeichnung des Schlosses

Eine Beschreibung des Schlosses stammt aus dem Jahre 1775: Das Residenzhaus, zweistöckig, mit gebrochenem holländischem Dachwerk, grenzt vorn an den offenen Heßbach in der Ortsmitte. Es hat beiderseits zwei große Hofpforten mit Torbögen. über eine schöne zweiseitige Treppenanlage gelangt man durch die Doppel-Eichentür ins Schloss. über dieser Tür und dem großen Glas-Oberfenster hat der Saarlouiser Künstler Ferdinand GANAL das herrschaftliche Wappen, den Saarwellinger Löwen, in Stein gehauen. Es reicht bis zum Flurfester der oberen Etage.

Hinter dem Schloss bis zum Scheunenbau liegt ein großer gepflasterter Hof mit Brunnen und Wassertrog als Pferdetränke. Die beiden niedrigen Wirtschaftsgebäude rahmen das Schloss, den Hof und die Scheune ein. Richtung Engelstraße enden sie in zwei Türmen. Eine hohe Mauer bildet die Grenze zum Gemüse- und Lustgarten. Der Wirtschaftstrakt zur heutigen Wilhelmstraße hat besondere Funktionen. Er beherbergt die Amtsstube und das Büro der Rentkammer. Dahinter kommen die Küche und ein Vorratsraum.

Die Schafställe schließen sich an. Der andere Wirtschaftstrakt enthält Schaf - und Pferdeställe, Holz- und Getreidespeicher, sowie die Feuerwehrgeräte. Die untere Etage des Turmes ist als Gefängnis ausgebaut mit zwei Luftlöchern zum Hof und zum Obstgarten. Die Scheune mit großem Dachgeschoss besteht aus der Tenne, Kuh- und Schweineställen und einer Kutschen-Remise mit einem Pferdestall. Es gibt drei Gärten, der große Gemüse- und Lustgarten mit Buchenallee, Buchsbäumen und Pyramiden-Obstbäumen grenzt an die heutige Engelstraße. Ein weiterer Gemüsegarten mit Weinstöcken liegt entlang der heutigen Wilhelmstraße und der sogenannte Baumgarten zieht sich hinter dem Gefängnisturm parallel zur heutigen Schlossstraße. Darin stehen etwa 90 große und kleine Obstbäume.

 
Alte Karte des Saarwellinger Ortskerns
Skizze des Herrschaftshauses
Plan des herrschaftlichen Schlosses
 
Schloss mit Kriegerdenkmal und intaktem Torbogen

Nach der Französischen Revolution (1789 bis 1799) steigerte Jean ROSIER (1771-1855), "garde à cheval" aus Saarlouis, 1804 das Saarwellinger Schloss samt Stallungen für 1200 Frs. von der französischen Behörde und verkaufte das Schloss am 06.04.1811 an den Amtsarzt Nicolas LACROIX (um1765-1824) aus Saarlouis. Die Stallungen verkaufte er an Johann Mathias BRITZ (1773-1833). LACROIX betrieb von 1804 bis 1809 hier eine Gastwirtschaft, eine Schnapsbrennerei und eine Tabakmanufaktur. Am 17.10.1818 verkaufte er das Schloss an die Gemeinde Saarwellingen, die in dem Gebäude eine Schule einrichtete.

Im Zweiten Weltkrieg wurde die Schlossschule stark beschädigt (linker Teil zu 68 %, rechter Teil zu 83 % zerstört). 1948 wurde der Schulbetrieb wieder aufgenommen. Die Schlossschule war bis März 1976 in Betrieb. Nach Sanierung und Umbau wurde 1978 in dem Gebäude das neue Saarwellinger Rathaus eingerichtet. Der Ausbau und die Renovierung des Schlosses fanden im Jahre 2003 ihren krönenden Abschluss. Es ist der Torbogen, der nach historischem Vorbild neu gestaltet wurde. Der ehemalige Bogen war im Zweiten Weltkrieg zerstört worden.

 
Das alte Türks Haus
Linke Haushälfte Kindergarten, rechts daneben Uhren und Goldwaren Johann Feld
Möbelhaus A. Steuer, rechts Uhren & Goldwaren Johann Feld (Foto nach 1929)
Das alte Türks Haus

Vor 1840 gehörten die Parzellen 402 und 403 Johann Josef Wilhelm JACOBS (1792-1930) und seiner Frau Maria Magdalena HISGEN (1798-1881). Er war von 1824-1830 Bürgermeister von Saarwellingen. Seine Witwe betrieb ab 1835 eine Gastwirtschaft. Die Parzelle 403 war noch unbebaut, auf der Parzelle 402 stand sein Wohnhaus.

1895 wohnte hier die jüdische Familie des Viehhändlers Daniel LEVY II (1854-1907) und Elisabeth LAZAR (* 1859) mit 4 Personen und 1900 mit 8 Personen. 06.08.1913 brannte das Nachbarhaus LATTERNER. Das Haus der Witwe LEVY wurde dabei auch in Mitleidenschaft gezogen. 1925 meldete Barbara TüRK, geb. FELD (1887-1983) im rechten Ladenlokal ein Uhren- und Goldwarengeschäft an. Sie war die Witwe von Jacob TüRK (1882-1923).

 
Haus Türk, links die St. Martin Apotheke, rechts Optikergeschäft (2020)

Ab 1929 lief das Geschäft auf ihren Bruder, den Uhrmacher und Optiker Johann FELD (1891-1975). Die Scheune und der Stall im linken Teil des Hauses waren in dieser Zeit in ein Wohnhaus mit Ladenlokal umgebaut worden. Hier betrieb Josef FELTES sein Eisenwarengeschäft, ehe er 1935 das Haus SALOMON auf der anderen Straßenseite erwarb. Danach war hier bis ca. 1940 das Möbelgeschäft Alois STEUER, anschließend bis Kriegsende der NSV Kindergarten der "Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt" untergebracht. 1931 errichtete der Schneidermeister Moritz NATHAN auf dem Anwesen der Witwe Jakob TüRK hinter deren Wohnhaus eine Autogarage.

Er hatte sein Geschäft auf der anderen Straßenseite im Haus Nr. 10. 1945 wurde das gesamte Anwesen zu 87 % total beschädigt und in der alten Form nicht mehr instandgesetzt. Um 1950 erfolgte ein Neubau des linken Hausteils. Hier befindet sich heute die St. Martin Apotheke. Der rechte Teil des Doppelhauses wurde 1955 neu gebaut, heute ein Optikergeschäft.